Gaußzentrum: Der zeitliche Wandel von Geodaten Forschung
AP - 1 Recherche, Datengewinnung, Konzeption eines Datenmodells

AP 1: Recherche, Datengewinnung und Konzeption eines Datenmodells

Ziel dieses Arbeitspaketes ist es, zu recherchieren, welche historischen Geodaten in Form von Bildern bzw. Karten in Deutschland vorhanden sind und aufbauend auf dieser Recherche Testdaten für die Entwicklungen in den anderen Arbeitspaketen zu akquirieren. Außerdem wird ein Datenmodell entwickelt und abstrakt spezifiziert, das die Grundlage für die Entwicklungen in den anderen Arbeitspaketen bildet.

 

Recherche

Der Schwerpunkt der Datenrecherche liegt auf Datensätzen, die frei im Internet verfügbar sind bzw. über die Landesvermessungsbehörden bezogen werden können. Kartenwerke, die in etwa einem Maßstab von 1:25.000 entsprechen, sind ab ca. 1700 in Form von gescannten Karten verfügbar, ab ca. 1990 gibt es auch digitale topographische Datensätze, die weitgehend dem heutigen Stand von ATKIS entsprechen. Neben der Topographischen Karte 1:25.000 (TK25), die in den meisten Gebieten über einen Zeitraum von ca. 130 Jahren verfügbar ist, gibt es auch ältere Kartenwerke, die in den unterschiedlichen Regionen des Heiligen Römischen Reichs auf unterschiedliche Weise aufgenommen wurden, so z.B. die Kurhannoversche Landesaufnahme aus den Jahren 1764 bis 1786, welche die gesamte hannoversche Landesfläche im Maßstab 1:21.333 1/3 abdeckt.

Auch die Information über die verfügbaren Luftbilder kann bei den Landesvermessungsbehörden recherchiert werden. Abgesehen von einzelnen frühen Befliegungen v.a. in Großstädten liegen i.A. für die Zeit von ca. 1953 bis ca. 1990 Schwarzweiß-Luftbilder ohne Information über die Orientierung vor, die erst teilweise digitalisiert wurden. Ab ca. 1990 wurden analoge Farbbilder aufgenommen. Im ersten Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts erfolgte der Übergang zur digitalen Datenerfassung; auch hier werden i.A. die ursprünglichen Bilder abgegeben, teilweise mit Orientierungsparametern. Ab ca. 2008 sind digitale Orthophotos verfügbar. In manchen Bundesländern sind zusätzlich flächendeckend Orthophotos aus früheren Zeitpunkten verfügbar, z.B. in Mecklenburg-Vorpommern Schwarzweiß-Orthophotos aus dem Jahr 1953 sowie Farbinfrarot-Orthophotos aus 1991. Die geometrische Auflösung der Bilder liegt je nach Land, Zeitpunkt und gewünschter Qualität zwischen 10 cm und 80 cm.

Neben Luftbildern kommen auch Satellitenbilddaten in Frage, soweit die Auflösung für Untersuchungen in einem Maßstab 1:25.000 ausreicht. Während für Landsat-Bilder, die ab 1972 vorliegen, die Bodenauflösung v.a. in der Frühzeit als zu grob eingeschätzt wird, könnten für die Zeit nach 1986 die Bilder aus den SPOT Missionen relevant sein. Auch Missionen wie RapidEye oder Sentinel-2 sind relevant, seit ca. 1990 auch Satelliten, die Bilder mit einer Auflösung von 1 m und besser liefern, z.B. Ikonos, QuickBird, WorldView oder Pleiades.

Datengewinnung

Die Datenakquise erfolgt für mehrere Testgebiete, wobei jeder Datensatz aus Zeitreihen von historischen Karten und Luft- bzw. Satellitenbildern besteht. Wegen der großen Bedeutung dieses Maßstabs für die Dokumentation der Topographie erfolgt eine Fokussierung auf topographische Karten bzw. Datensätze, die ungefähr einem Maßstab von 1:25.000 und damit dem Generalisierungsgrad von ATKIS entsprechen. Die Auswahl erfolgt entsprechend den in AP 4 ausgewählten Prozessen, die in den Daten beobachtbar sein müssen, wobei eine möglichst große Diversität in Hinblick auf topographische Charakteristika angestrebt wird.

Als erstes Testgebiet wurde die Stadt Hameln (Niedersachsen) mit ihrem Umland ausgewählt. Die Größe des Testgebiets beträgt 8 x 12 km2. Die untenstehende Abbildung zeigt die Definition des Gebietes. Erste Bilddaten wurden im Sommer 2023 beschafft.

Überblick über das Testgebiet im Raum Hameln Überblick über das Testgebiet im Raum Hameln Überblick über das Testgebiet im Raum Hameln
Abbildung 1: Überblick über das Testgebiet im Raum Hameln (blau). Das Testgebiet ist 8 km x 12 km groß. Es wird in 24 Orthophotos (je 2 km x 2 km), zwei Sentinel-2 Satellitenbildern (rot), sowie vier Kartenblättern der TK25 (grün) abgebildet. Luftbilddaten: Auszug aus den Geodaten des Landesamtes für Geoinformation und Landesvermessung Niedersachsen (www.lgln.de), ©2023

Weitere Testgebiete sollen in Süddeutschland (Bayern oder Baden-Württemberg) sowie in den neuen Bundesländern liegen.

Konzeption eines Datenmodells

In diesem Teil-Arbeitspaket wurde das Datenmodell abstrakt spezifiziert, das in Arbeitspaket 2 für das Datenmanagementsystem umgesetzt wird. Eine wesentliche Aufgabe ist die Modellierung von Zeitreihen auf Basis von Geodaten, wobei hier darauf gesetzt wird, Daten im Originalformat (Vektor bzw. Raster) zu speichern und in Rastern strukturierte Data Cubes nur bei Bedarf zu generieren. Wichtig ist auch die Möglichkeit, Varianten von Daten zu managen sowie Metadaten und Referenzdaten zur Verfügung stellen zu können.

Ein wesentlicher Punkt des Datenmodells betrifft die Definition des Objektartenkatalogs, anhand dessen die historischen Daten klassifiziert werden sollen. Dabei wird auf die in dem Projekt Cop4All genutzte Klassenstruktur zurückgegriffen, die 15 Landbedeckungsklassen unterscheidet, wobei einige der dort definierten Klassen möglicherweise in den Testgebieten nicht vorkommen (z.B. Eis) und ggf. Klassen, die nur schwer trennbar sind (z.B. Laub- bzw. Nadelbaum) zusammengefasst werden.